Tagungsbericht: Digitale Archivierung

Am 14.11.2014 konnte ich in Karlsruhe am ZAK/CODIGT (Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft, Center of Digital Tradition) an der Tagung Digitale Archivierung – Auftrag und Umsetzungsstrategien teilnehmen. Für mein bescheidenes privates Projekt SoftewareMuseum bekam ich die Möglichkeit, mein Vorhaben theoretisch und methodisch in aktuelle Entwicklungen einzuordnen und  jede Menge Anregungen und praktische Tipps für mein weiteres Vorgehen.

Zumindest die Frage, welche Digitalia als archivierungswürdige Kulturgüter bezeichnet werden müssen, habe ich für mich im Falle der Lernsoftware positiv beantwortet, spiegeln deren Vertreter doch zeitgebundene lerntheoretische Positionen, gestaltungsmäßige Paradigmen und z.T. durchaus auch das Ausloten technischer Möglichkeiten im Lehr-/Lernkontext wider. Den Archivaren fühle im mich insofern nahe, weil sie ja großteils bestimmen, was bewahrenswert ist. Zwar gilt es für sie, manche gesetzliche Regelungen zu beachten, aber, wie ein Redner betonte, besteht ihre Tätigkeit weniger im Aufbewahren, denn im Aussortieren (sozusagen eine archivarische Kernkompetenz). Auch ich habe meine Sammlung von ursprünglich ca. 1.200 Objekten auf derzeit ca. 500 Objekte reduziert (nicht zuletzt bedingt durch schieren Platzmangel). Ich habe dabei versucht, dem Grundsatz zu folgen, einerseits Zeittypisches, andererseits Besonderes und Herausragendes zu bewahren. Weiterlesen

Lesetipps zur Medienarchäologie

Was ist eigentlich der Zweck meines Software Museums? Langfristig möchte ich darin typische Beispiele von Lernsoftware (Courseware) im zeitlichen Kontext vorstellen. Damit sollen Eindrücke vermittelt werden, welche technischen, lerntheoretischen Grundlagen und methodische Überlegungen die praktische Umsetzung verschiedener Nutzungsformen digitaler Medien im Lehr-/Lernkontext bestimmt haben. Materielle Grundlage dafür bildet meine seit ca. 1980 angelegte umfangreiche Courseware-Sammlung (gespeichert auf Disketten unterschiedlicher Formate und CD-ROMs), ergänzt von einem Hardware-Fundus (mit 8 Bit-Rechnern und frühen PCs), der den Zugriff auf die Programme überhaupt erst ermöglichen soll. Weil die in die Jahre gekommenen Gerätschaften nicht mehr immer auf Anhieb betriebsbereit sind, befasse ich mich zunehmend mit der Technik dieser alten Computer, der Datensicherung bzw. Datenübertragung von alten auf neue Datenträger (Langzeitarchivierung) und mit Emulatoren (Retrocomputing).

Inzwischen habe ich herausgefunden, dass ich meine Aktivitäten sogar fachlich verorten kann: Ich betreibe damit Medienarchäologie. Es handelt sich dabei um eine ziemlich neue Fachrichtung (nicht einmal Wikipedia kennt einen Eintrag dazu); insofern gibt es bisher keine klare Definition (dafür aber bereits sogar ein eigenes Institut; dazu eine knappe Einführung und eine umfangreiche Linkliste). Ich verweise deshalb hier auf den Versuch von Jussi Parikka (2010), sie treffend zu umschreiben. Weiterlesen

Warum (k)ein Software-Museum?

nestorEs gibt jede Menge Lernprogramme,  E-Learning-Content und Lernwerkzeuge von hoher Qualität, die wir nicht mehr ansehen geschweige denn regulär einsetzen können, weil sie nur auf inzwischen veralteten Plattformen (Hardware, Betriebssystemversionen, Entwicklungsumgebungen) laufen (würden). Das ist mir wieder schmerzlich bewusst geworden beim Lesen des nestor Handbuchs zur digitalen Langzeitarchivierung. Denn eigentlich bedeutet Archivierung mehr als die dauerhafte Speicherung; sie schließt die dauerhafte Verfügbarkeit, also Benutzbarkeit, mit ein.

Der Ansatz, Systemumgebungen in Hard- und Software-Museen zu konservieren und ständig verfügbar zu halten, wird nicht ernsthaft verfolgt.

… so im Handbuch (Kap.1:4). Stimmt, ist aber schade. Ich selber versuche ja ein wenig, darauf hin zu arbeiten (vgl. meine Blog-Kategorie SoftwareMuseum). Die im Handbuch genannten Migrationsverfahren sind allerdings schwierig und aufwändig. Das weiß jeder, der mal versucht hat, Systemumgebungen mit Emulatoren lauffähig nachzubilden. [Ich kämpfe immer noch mit dem Problem, die Daten von meinen Apple II- und C 64-Disketten auf meine aktuellen Rechner zu übertragen, d.h. sie den Emulatoren überhaupt erst zuzuführen.]

Das ist übrigens keine reine Nostalgie. Ich finde es fahrlässig, dass etliche innovative und in der Praxis erfolgreiche Ideen und Produkte viel zu schnell in Vergessenheit geraten sind und deshalb schlicht durch resultierende Unkenntnis statt Neuentwicklungen nur Nachentwicklungen gemacht wurden. Eigentlich Wahnsinn, wieviel Zeit, Geld und Engagement dadurch verschwendet wurde …

Creative Computing

Eine einzige Ausgabe des Creative Computing Magazins ist mir geblieben von mehreren Jahrgängen, die direkt aus den USA bezogen wurden. Ich hatte mir vor 30 Jahren nicht vorstellen können, dass es noch einmal spannend sein könnte, die Artikel nachzulesen – was es aber ist. Beim Classic Computer Magazine Archive gibt es nun etliche Jahrgänge online.

CCpagecoverDen besten Überblick über die damaligen Themen, auch Hardware-Vorstellungen und Programmbeispiele, geben die drei Bände The Best of Creative Computing Vol. 1, Vol. 2, Vol. 3, die vollständig zugänglich sind. Gerade die Beiträge aus den ersten Jahren (das Magazin startete 1974) zeigen den Wandel von Mehrplatzsystemen an Groß- bzw. Mini-Computern (exemplarisch das Projekt PLATO) zu den ersten Selbstbaucomputern und schließlich den Heim- und Hobbycomputern (wie der Apple II oder der Commodore PET). Das war ja nicht nur eine technische Entwicklung, sondern in der Bildungstechnologie vollzog sich zeitgleich die Ablösung des Behaviorismus durch den Kognitivismus.

Coding for Fun

CodingForFunZiemlich passend zu meine letzten Eintrag habe ich gestern das Buch Coding for Fun – IT-Geschichte zum Nachprogrammieren gefunden (nach einem Hinweis beim Schockwellenreiter) und erworben. Da finden sich neben Informationen zur Geschichte der Informatik, den beteiligten Personen, den Betriebssystemen und Programmiersprachen auch die Beschreibung der Programmklassiker, die damals zum Pflichtprogramm aller Hobbyprogramierer gehörten, wie das Apfelmännchen oder das Game of Life. Selbst Logo kommt beim Autor Gottfried Wolmeringer zu Ehren. Das Nachprogrammieren der Beispiele kann ich mir weitgehend sparen, habe damals ja schon kräftig mitgemacht. Aber sich wieder mal dran zu machen und interessante Algorithmen umzusetzen, dazu animiert das Buch allemal. Im Übrigen wäre es auch lohnenswert, sich so mal alte Lehr-/Lernsoftware vorzunehmen. Da gab es frühe Perlen drunter. Vielleicht gelingt es mir ja ab und an, solche Beispiele auszugraben und in der Kategorie SoftwareMuseum vorzustellen …