Computer-Museen

Wenn ich schon mein eigenes SoftwareMuseum hier vernachlässige, so möchte ich wenigstens auf einige reale besuchenswerte Computer-Museen hinweisen …

binariumAnlass ist die für dieses Jahr angekündigte Eröffnung des BINARIUM in Dortmund, eines Deutschen Museums der digitalen Kultur zur Geschichte der Entwicklung von persönlichen Computern und Spielkonsolen. Daneben gibt es doch ein paar etablierte Einrichtungen, die über die Computer-Abteilungen in Technik-Museen hinausgehen:

  • logo-hnfDas Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn bezeichnet sich selbst als das größte Computermuseum der Welt (mit 6.000 qm Ausstellungsfläche und über 2.000 ausgestellten Objekten).
  • ocm_logo_smallSeit 2008 gibt es das Oldenburger Computer-Museum, das sich auf die Heimcomputer und  Arcade-Automaten, Spielkonsolen und Flipper der 1970er und -80er Jahre konzentriert. Die Ausstellung umfasst Ikonen, wie Commodore PET, Apple ][, Sinclair ZX81, C64 u.a. Spannend: Die Geräte der Dauerausstellung sollen immer funktionsbereit und mit Software ausgestattet sein, d.h. sie können benutzt und erlebt werden.
  • C_Museum_FHKielDas Computermuseum der FH Kiel wurde 2011 in eigenen Räumen, dem Hochbunker, eröffnet. Neben dem Schwerpunkt Leben und Werk Konrad Zuses reicht das gezeigte technische Spektrum im neuen Museum von mechanischen Rechenmaschinen vergangener Jahrhunderte über Großrechenanlagen der 1950er bis 1980er Jahre bis zu PCs und Notebooks der späten 1990er Jahre.
  • CCG-LogoWohl nur bei besonderen Veranstaltungen ist der Zugang zum Computer Cabinett Göttingen möglich. Was schade ist, denn unter den 276 Exponaten finden sich etliche Perlen, etwa die frühen Geräte deutscher Firmen wie Triumph Adler oder Olympia.
  • schriftzugAuch wenn der Schwerpunkt des seit 1997 bestehenden (Dauerausstellung seit 2011) Berliner Computer Spiele Museum (natürlich) auf den Spielen liegt, finden sich dort wohl auch etliche Klassiker der PC-Entwicklung. Eine Experimentierlandschaft bietet über 300 Exponate.
  • MBNDas Museum für historische Bürotechnik Naunhof hat zwar als Schwerpunkt die Technik für das Büro, aber auch die Computer von den Anfängen bis heute.
  • arithlogoDas Bonner Arithmeum zeigt Rechenmaschinen und überdeckt dabei die Spanne von den mechanischen Rechnern bis zu modernen Mikroprozessoren.

Nicht viel weiter weg wären für mich allerdings auch Museen im benachbarten Ausland:

  • In Solothurn gibt es seit 2011 das Museum ENTER, das sich enterauf ca. 2000 qm Ausstellungsfläche der gesamten Breite der Computer, Computerperipherie und Technik widmet. Vermutlich weltweit einzigartig ist die Anzahl noch funktionierender Computersysteme.
  • MuseeInformIn Paris widmet sich das musée de l’informatique den informationstechnischen Entwicklungen seit 1890 und bietet dazu in einer Dauerausstellung über 200 Exponate (die Website lässt allerdings ein wenig an Aktualität vermissen).
  • ApplePragFalls ich nach Prag komme, sollte ich als Macianer natürlich in das dortige Apple Museum gehen. Es bietet nach eigener Aussage die größte private Ausstellung von Apple Produkten weltweit. Die Website lässt ist aber noch im Aufbau und gibt noch keinen Eindruck, was einen konkret erwartet.

Es gibt auch universitäre Sammlungen, einige ganz bei mir in der Nähe, soCompmuseumStgt

  • seit 1997 das Computermuseum der Fakultät Informatik der Universität Stuttgart. Die umfangreiche Sammlung meist noch betriebsbereiter Geräte ist immer Dienstag nachmittags zugänglich.
  • seit 2005 das Computermuseum am Institut für Informatik der Universität Tübingen. Die kleine Ausstellung ist an allen logo-uni-tuebingenArbeitstagen frei zugänglich.
  • widmet sich an der Uni Hamburg  Prof. emeritus Dr. Oberquelle einem Computer Museum: Das kleine, aber feine Computer-Museum (im Keller UniHHvon Haus C, Raum C-015) enthält eine Sammlung von Rechnern, Komponenten und Peripherie […] Ein besonderes Augenmerk wird auf Apple-Design und die Entwicklung von Mensch-Computer-Interaktion sowie Gebrauchstauglichkeit (Usability) gelegt. Besuche (auch Führungen) sind in Absprache mit Prof. i.R. Dr. Horst Oberquelle möglich.

Vermutlich sind mir nicht alle interessanten Anlaufstellen bekannt. Für Hinweise bin ich dankbar!

Meine bisherigen Informationsquellen sind die zahlreichen virtuellen Computer-Museen. Deren Vorstellung soll aber einem eigenen Beitrag vorbehalten bleiben …

Update 14.2.16: Dank der Hinweise von Anja Lorenz, Matthis Müller-Prove und Rolf Schulmeister konnte ich die Liste um das MBN,  das Computermuseum an der Uni Hamburg und und das ander FH Kiel ergänzen.

SimCity

SimCityWill Wright ist einer der berühmtesten Computerspiel-Designer. 1989 erschien sein erster weltweiter Erfolg, die Städtesimulation SimCity (für Amiga, C64, Atari ST, PC und Mac, später auch auf Spielkonsolen). Es war der Start für eine ganze Serie solcher Simulationen, etwa SimLife, SimEarth, SimAnt, SimFarm und später die Serie Die Sims. Die Spieler haben in diesen Programmen fast unüberschaubar viele Möglichkeiten, in das Spielgeschehen einzugreifen, Szenarien zu entwerfen und dadurch (weitgehend selbstgesetzte) Ziele zu erreichen. Obwohl es bei diesen Spielen keine Gewinner und Verlierer gibt, fesseln sie die Spieler über einen langen Zeitraum und über Fortsetzungsfolgen hinweg, besonders ersichtlich bei den Sims, für die es inzwischen zahlreiche Erweiterungen und Varianten gibt.

Bei SimLife, das 1992 erschien, kann z.B. ein Ökosystem simuliert werden, wobei die Spieler die Genetik der Tiere und Pflanzen, die die künstliche Welt bevölkern, selber festlegen und damit die Evolution des Gesamtsystems beeinflussen können. Ziel ist der Erhalt eines stabilen Ökosystems. So nimmt es nicht Wunder, dass es auch im Unterricht bei der Behandlung der Evolution eingesetzt wurde.

Interessant ist, dass der theoretische Hintergrund für die Modelle, die in diesen Simulationen verwendet werden, das Konzept des Künstlichen Lebens (Artificial Life) ist, bei dem Eigenschaften und Fähigkeiten lebender Systeme im Computer nachgebaut werden.  Die technische Umsetzung erfolgt mit Hilfe agentenbasierter Simulationen, bei denen Populationen von Individuen miteinander und mit ihrer Umgebung interagieren. Geeignete Werkzeuge dafür sind z.B. NetLogo und StarLogo TNG (von dem vor kurzem die Version 1.0 offiziell frei gegeben wurde), das durch die dort generierten 3D-Welten sich schon wieder in Richtung der Sim-Reihe entwickelt.

Noch mehr als ecopolicy sind die Programme der Sim-Reihe geeignet, komplexes Problemlösen und vernetztes Denken in spielerischer Form zu trainieren. Mich freut es deshalb sehr, dass SimCity von Electronic Arts für das OLPC-Projekt frei gegeben worden ist und damit auf dem XO-Laptop gespielt werden kann. Wer auch ohne XO heute noch SimCity spielen will, findet inzwischen freie Varianten wie lincity oder OpenCity.

ecopolicy

ecopolicycoverIn unserem laufenden Seminar hat mein Kollege Horst Koschwitz, ein Biologie-/Geographie- Lehrer, als Multimedia-Beispiel das Simulationsspiel ecopolicy vorgestellt. Das hat mich daran erinnert, dass ich dessen Urfassung, das Brettspiel Ökolopoly, schon vor 25 Jahren in Kursen eingesetzt habe, um komplexes Problemlösen zu trainieren. Frederic Vester hatte dieses Spiel entwickelt, zunächst als Papiercomputer, dann als Brettspiel und schließlich als Computersimulation. Seit 2007 gibt es die Version 2.51 (deutsch/ englisch) für Windows mit multimedialer Ausgestaltung. Das Spiel ist nach wie vor hochmotivierend (ob in Schulklassen oder Hochschulseminaren!) und sehr gut einsetzbar sowohl für individuelle Arbeit als auch in (Groß-) Gruppen.

oekolopolyDie Arbeit Frederic Vesters lernte ich noch als Biologiestudent kennen, als ich begann, mich mit Umweltschutz (wir nannten das damals Zivilisationsökologie) zu beschäftigen. Seinen systemtheoretischen Ansatz, für den er den Begriff vernetztes Denken prägte, hat er in mehreren Bestsellern populär gemacht. Seine wichtigsten Bücher wie Unsere Welt – ein vernetztes System (11. Auflage, 2002, dtv) und Die Kunst vernetzt zu denken (6. Auflage, 2007, dtv) sind immer noch erhältlich. Vester, 2003 gestorben, war nicht unumstritten, obwohl (oder gerade weil?) er in der Lage war, seine Ansätze fundiert, engagiert und doch so verständlich darzustellen, dass er große Adressatenkreise erreichte.