At Ease – die iPhone-Oberfläche hat Vorläufer

iphoneMit dem iPhone hat eine neue Oberfläche auf Smartphones – und demnächst auch auf dem iPad und vergleichbaren Geräten – Einzug gehalten. Kennzeichnend ist die Darstellung der verfügbaren Applikationen als große Buttons. Der Aufruf der Programme erfolgt durch einfaches Antippen mit dem Finger (wie die Abbildung aus dem Benutzerhandbuch zeigt). Alle weiteren Interaktionen innerhalb des Programms sind dann abhängig von der jeweils vorgesehenen Funktionalität. Dafür sind natürlich die Finger-bedienung und die Nutzung der zahlreichen Sensoren des iPhone bestimmend.

ateaseAuch wenn diese Möglichkeiten bei älteren Computern noch nicht zur Verfügung standen, so sind Versuche, das eigentliche Betriebssystem von den Nutzern fernzuhalten und einfachste Bedienmöglichkeiten anzubieten, schon sehr alt. Ich möchte an dieser Stelle deshalb auf At Ease verweisen, eine Alternative zum üblichen Schreibtisch der Macintosh-Computer (eingeführt mit System 7.1, 1992). At Ease bietet ein einfaches bildschirmfüllendes Fenster mit zwei Kartenreitern, über die zu den Programmen bzw. den Dokumenten der Nutzer gewechselt werden kann. Der Aufruf der Programme bzw. der Dokumente erfolgt dann durch einfachen Mausklick auf die Schalter. Dasselbe gilt für die Kontrollfelder zur Systemsteuerung.

Diese Oberfläche war vor allem gedacht für die Nutzung in Klassenräumen durch Schüler oder in Kiosksystemen. Auch damals ging es also schon darum, unerfahrenen Nutzern den Zugang zu erleichtern.

Photoshop

photoshopHeute vor 20 Jahren gelangte ein Computerprogramm zur Auslieferung, das die Bildbearbeitung grundlegend verändert hat: Adobe Photoshop. Die Entwicklung geht zurück auf die Brüder John und Thomas Knoll, die ein Programm namens Display am Apple Macintosh (wo sonst!) entwickelten, das dann 1990 unter dem Namen Photoshop von Adobe vertrieben wurde. Kaum zu glauben, dass das Programm auf eine einzige Diskette passte!

PSPalette1PSPAlette2Es hat sich für viele Grafiker, Designer oder Fotografen, Profis oder Amateure, zum unentbehrlichen Hilfsmittel entwickelt. Ursprünglich dazu gedacht, eingescannte Bilder für den Druck zu bearbeiten, wurde es bald zu einem universellen Werkzeug, Bilder zu erstellen, zu bearbeiten und für unterschiedliche Weiterver-wendung aufzubereiten – alles Dinge, für die zuvor kostspielige Workstations benötigt wurden.

Zwar hat sich die Werkzeugpalette von der ersten (rechts) bis zur aktuellen Version (links) nicht völlig gewandelt, aber die bereit gestellten Funktionen haben sich inzwischen vervielfacht. Ein ganz wichtiger Schritt war dafür Photoshop 3, mit dem Ebenen eingeführt wurden, die nun das unabhängige Bearbeiten von Bildelementen erlaubten.

Viel zum Erfolg beigetragen hat die Erweiterbarkeit durch Plug-ins um neue Funktionen, wie etwa die berühmten Kai’s Power Tools. Inzwischen gibt es etliche Ableger, u.a. Photoshop Elements, dass auch für Hobby-Fotografen erschwinglich ist.

Als Open Source Alternative für anspruchsvolles Arbeiten gibt es  das Programm GIMP.

PowerPoint

powerpoint-1.01987 erschien PowerPoint 1.0 und hat seitdem die Gestaltung von Vorträgen so beeinflusst, dass auch von einer PowerPoint-Kultur gesprochen wird. Robert Gaskins entwickelte das Programm – zunächst mit dem Namen Presenter (dazu gibt es eine detaillierte Funktionsbeschreibung und eine aufschlussreiche Markt-analyse). Übrigens wurde das Programm zunächst auf dem und für den Apple Macintosh entwickelt; die Windows-Version folgte erst 1990, nachdem Microsoft noch 1987 PowerPoint mitsamt der Firma Forethought aufkaufte und in die Microsoft’s Graphics Business Unit überführte.

Gedacht war PowerPoint von Gaskins eigentlich als ein Tool, um Folien für Overheadprojektoren zu erstellen und auszudrucken:

Programs such as Presenter will make it possible for individual content-originators to produce their own material. Together, these innovations should give rise to an entirely new phenomenon – presentations with the informality of overhead transparencies, delivered in lighted business meetings, but using video generated directly from diskettes instead of actual overhead foils. … We should not fall into the mistake of believing that all presentations generated for electronic delivery will share the artistic and stylistic qualities of 35 mm slides. Presenter (…) will best fulfill the cluster of expectations surroundingoverheads – informal, for lighted rooms, for smaller groups, for working meetings where content is more important than form or fancy graphics, for situations where speed and personal control are important.

Wir wissen heute, dass PowerPoint diesen Rahmen schnell verlassen und eine Eigendynamik entfaltet hat, die spätestens 1992 mit der in PowerPoint 3.0 erstmals verfügbaren Funktion Bildschirm-präsentation und den gerade am Markt erhältlichen LCD-Video-projektoren begann. So ist heute eigentlich kaum einVortrag ohne PowerPoint mehr denkbar und den meisten Folien ist anzumerken, dass reger Gebrauch von den zahlreichen Vorschlagslisten gemacht wurde (Foliendesigns und Layouts, Übergänge, Diagramme, SmartArt-Grafiken und WordArt).

ppteinstiegTrotz der flächendeckenden Etablierung von Slideware (so die allgemeine Bezeichnung für Präsentationsprogramme seit Tuftes berühmtem Wired Artikel PowerPoint Is Evil) gibt es erstaunlicherweise kaum Alternativprogramme zu PowerPoint. Impress, als Bestandteil von OpenOffice bietet ganz bewusst vergleichbare Funktionalität, ebenso Apples Keynote, auch wenn es eine andere (bessere) Integration in das Apple Betriebssystem OS X bietet. Erst mit Prezi gibt es ein neues Konzept: Arbeiten auf einer unbegrenzten Arbeitsfläche und die Präsentation entspricht dem Navigieren und Zoomen auf dieser Fläche. Daran hat man sich allerdings auch bald satt gesehen.

Kreative und beeindruckende Präsentationen entstehen vermutlich erst dann, wenn die Anwender sich von den vielfältigen Funktionen und Templates lösen und bewußt machen, dass ein Vortrag ein Vortrag bleibt, also mehr ist als das Durchklicken von Folienserien.

30 Jahre Tabellenkalkulation

Fast hätte ich das Jubiläum versäumt, aber heise online hat mich dran erinnert: Seit 30 Jahren gibt es die Tabellenkalkulation. Zunächst eine Killerapplikation für den Apple ][ und dann für die PCs generell, wurde sie für alle möglichen Zwecke verwendet weil sie auch Anwendern ohne Programmierkenntnisse rasche Problemlösungen erlaubte. 1984 hatte ich Zugriff auf das Programmpaket Open Access, mit dem dann schon dreidimensionale Grafiken erstellt werden konnten. Damit habe ich die laterale Inhibition simuliert, einen Mechanismus zur Kontrastverschärfung beim Sehen. Genaueres zum Modell spare ich mir hier, auch wenn mein Artikel dazu (Wedekind,J. (1985): Simulation mit einem Tabellenkalkulationssystem. LOG IN, 5, Heft 1, S. 14-15.) leider vergriffen ist.

lateralJedenfalls geht der Aufbau eines Modells mit einer Tabellenkalkulation sehr schnell, weil Werte oder Formeln einer Zelle leicht über mehrere Zeilen und Spalten hinweg in weitere Zellen hineinkopiert werden können. Das Ergebnis im Bild (erstellt mit Numbers am Mac) sieht nicht viel besser aus als in der damaligen Version, konnte aber minutenschnell erstellt werden. Für Simulationen war das also ein tolles Instrument, von der chemischen Reaktionskinetik, Populationsdynamiken bis hin zu zellulären Automaten – müsste ich mal wieder probieren …

Warum (k)ein Software-Museum?

nestorEs gibt jede Menge Lernprogramme,  E-Learning-Content und Lernwerkzeuge von hoher Qualität, die wir nicht mehr ansehen geschweige denn regulär einsetzen können, weil sie nur auf inzwischen veralteten Plattformen (Hardware, Betriebssystemversionen, Entwicklungsumgebungen) laufen (würden). Das ist mir wieder schmerzlich bewusst geworden beim Lesen des nestor Handbuchs zur digitalen Langzeitarchivierung. Denn eigentlich bedeutet Archivierung mehr als die dauerhafte Speicherung; sie schließt die dauerhafte Verfügbarkeit, also Benutzbarkeit, mit ein.

Der Ansatz, Systemumgebungen in Hard- und Software-Museen zu konservieren und ständig verfügbar zu halten, wird nicht ernsthaft verfolgt.

… so im Handbuch (Kap.1:4). Stimmt, ist aber schade. Ich selber versuche ja ein wenig, darauf hin zu arbeiten (vgl. meine Blog-Kategorie SoftwareMuseum). Die im Handbuch genannten Migrationsverfahren sind allerdings schwierig und aufwändig. Das weiß jeder, der mal versucht hat, Systemumgebungen mit Emulatoren lauffähig nachzubilden. [Ich kämpfe immer noch mit dem Problem, die Daten von meinen Apple II- und C 64-Disketten auf meine aktuellen Rechner zu übertragen, d.h. sie den Emulatoren überhaupt erst zuzuführen.]

Das ist übrigens keine reine Nostalgie. Ich finde es fahrlässig, dass etliche innovative und in der Praxis erfolgreiche Ideen und Produkte viel zu schnell in Vergessenheit geraten sind und deshalb schlicht durch resultierende Unkenntnis statt Neuentwicklungen nur Nachentwicklungen gemacht wurden. Eigentlich Wahnsinn, wieviel Zeit, Geld und Engagement dadurch verschwendet wurde …

History of HCI

In unserer eigenen Vortragsreihe zur Interaktivität digitaler Medien  kamen etliche Entwicklungsstationen der Mensch-Computer-Schnittstelle zur Sprache (mein eigener Beitrag dazu hieß Von Mäusen und Menschen). Nun hat Erik Duval seine Folien History of CHI bei Slideshare eingestellt. Da finden sich viele historische Bilder und Quellen zu weiterführenden Materialien. Sehr schön!

Blind Watchmaker

evoluzzerMein Beitrag zum Darwin-Jahr ist der Hinweis auf einen Simulationsklassiker, das Programm Blind Watchmaker, geschrieben von Richard Dawkins. Dawkins ist der wohl derzeit bekannteste Evolutionsbiologe und Verfechter der Darwinschen Theorie. Eine seine bekanntesten Publikationen ist das Buch Der blinde Uhrmacher – ein neues Plädoyer für den Darwinismus.

In diesem Buch hat Dawkins ein Gedankenexperiment konstruiert (und in ein Computerprogramm umgesetzt), das die Kraft der langsamen Anhäufung kleinster Veränderungen, d.h. der kumulativen Selektion demonstriert. Er zeigt dies an der Entwicklung abstrakter grafischer Formen, den Biomorphen.

Ausgangspunkt sind dabei rekursive Strukturen, konkret rekursive Bäume, an denen leicht zu sehen ist, wie komplizierte Muster entstehen, wenn gleiche Regeln unterschiedlich oft ausgeführt werden. Dawkins steuert das Zeichnen einer solchen Struktur über neun Gene, wie Länge eines Astes, Winkel einer Verzweigung oder Rekursionstiefe. Jedes dieser Gene kann mutieren und jeder der entstehenden Bäume besitzt dann eine spezifische genetische Formel, die Zahlenwerte seiner neun Gene. So entsteht ein neundimensionaler Raum, den Dawkins Biomorphland nennt und der mit seinem Programm erforscht werden kann: Der Betrachter wählt immer das Objekt aus, das seinem Züchtungsziel am nächsten kommt. Dieses gelangt zur Vermehrung und bringt Nachkommen mit jeweils einer mutierten Eigenschaft hervor, aus denen wiederum gewählt wird. Über die Ergebnisse war Dawkins selbst ziemlich überrascht (Der blinde Uhrmacher, S. 80):

Nichts in meiner Intuition als Biologe, nichts in meiner 20-jährigen Erfahrung im Programmieren von Computern  und nichts in meinen verrücktesten Träumen hatte mich auf das vorbereitet, was tatsächlich auf dem Bildschrim erschien  … Voller Argwohn begann ich zu züchten … Mein ungläubiges Erstaunen wuchs in dem gleichen Maße wie die sich entwickelnde Ähnlichkeit … mit einem Insekt.

Das originale Pascal-Programm hat Dawkins wohl selber nicht mehr, aber es wurde vielfach nachprogrammiert. Wer also dieses Gedankenexperiment nachvollziehen möchte, kann dies tun: Schöne Java-Versionen finden sich z.B. bei Anna Nardella oder der Biomorph Viewer von Jean-Philippe Rennard.BspBiomorph

ne Fortsetzungsgeschichte

Heute, am  24. Januar, jährt sich zum 25. mal, dass Steve Jobs den Apple Macintosh der Öffentlichkeit vorstellte. Das war wirklich ein Markstein für die weitere Geschichte des  PC. Ein Video der Veranstaltung wurde vor einigen Jahren restauriert und von industrial-technology-and-witchcraft ins Netz gestellt. Sehenswert! Es gibt also zurecht derzeit jede Menge Rückblicke. Für diejenigen, die nicht wie ich sowieso Mac-Fans sind und diese Geschichte wohlwollend mitverfolgt haben, lohnen sich z.B. das Interview mit Andy Hertzfeld (einem aus dem Entwicklerteam), Larry Magids Review aus dem Jahr 1984 oder die Fotostrecke bei cnet. Bei Folklore.org, wo jede Menge Anekdoten von und über das Team der Entwickler zu finden sind, schreibt u.a. Bruce Horn, einer der Software-Entwickler, das die GUI des Apple durchaus eine eigenständige Entwicklung war.
meijneMacs

Mein kleines Apple-Museum (daraus hier mein Mac Plus, Mac SE 30 und Color Classic)  ist natürlich sehr unvollständig. Außer einer Lisa hätte ich ja schon noch gerne den Mac Portable, einen Spartacus (den 20th Anniversary Macintosh), einen Cube und sonst noch einige schöne andere Teile (wer also sowas abzugeben hätte) … allerdings müssen sie noch funktionstüchtig sein. Denn eigentlich interessiert mich noch mehr die Software, damit dann solche Klassiker wie MacPaint, HyperCard oder Stella (damals Vorbild für unsere Eigenentwicklung MODUS) noch ans Laufen zu bringen sind.

Update: Eine besonders schöne Eloge auf den Mac findet sich (zwar ein paar Tage verspätet) in Peter Glasers Glaserei. Und besonders treffend fand ich einen Satz im Jubiläums-Artikel der Süddeutschen: Ohne den Macintosh hätte es den Maßstab nicht gegeben, an dem sich die Macken von Microsofts Windows abmessen lassen.

Web-Jubiläum

Für eine eher historische Betrachtung der Interaktivität der digitalen Medien sammelt sich bei mir u.a. gerade eine kleine Liste wichtiger Daten der IT-Geschichte. Wenn ich der deutschen Wikipedia vertraue, dann ist heute vor genau 18 Jahren (Info über macnotes.de), also am 13.11.1990 die erste Website (also zusammenhängende Folge von Webseiten) von Tim Berners-Lee ins Netz gestellt worden. Weiterlesen

Creative Computing

Eine einzige Ausgabe des Creative Computing Magazins ist mir geblieben von mehreren Jahrgängen, die direkt aus den USA bezogen wurden. Ich hatte mir vor 30 Jahren nicht vorstellen können, dass es noch einmal spannend sein könnte, die Artikel nachzulesen – was es aber ist. Beim Classic Computer Magazine Archive gibt es nun etliche Jahrgänge online.

CCpagecoverDen besten Überblick über die damaligen Themen, auch Hardware-Vorstellungen und Programmbeispiele, geben die drei Bände The Best of Creative Computing Vol. 1, Vol. 2, Vol. 3, die vollständig zugänglich sind. Gerade die Beiträge aus den ersten Jahren (das Magazin startete 1974) zeigen den Wandel von Mehrplatzsystemen an Groß- bzw. Mini-Computern (exemplarisch das Projekt PLATO) zu den ersten Selbstbaucomputern und schließlich den Heim- und Hobbycomputern (wie der Apple II oder der Commodore PET). Das war ja nicht nur eine technische Entwicklung, sondern in der Bildungstechnologie vollzog sich zeitgleich die Ablösung des Behaviorismus durch den Kognitivismus.